ISO 527-4 Zugversuch an Verbundwerkstoffen

So führen Sie einen Zugversuch an Kunststoffen nach ISO 527-4 durch:

Verfasser Ian McEnteggart

ISO 527-4 ist eine internationale Norm zur Bestimmung der Zugeigenschaften von verstärkten und unverstärkten Kunststoffen. ISO 527-4 behandelt Prüfbedingungen für isotrope und orthotrope nicht-unidirektionale Verbundwerkstoffe und verweist auf ISO 527-1. Mit dieser Anleitung sollen Sie in die grundlegenden Elemente eines ISO 527-4 Zugversuchs eingeführt werden und eine Übersicht über erforderliche Prüfgeräte, Software und Proben erhalten. Beim Planen von Prüfungen nach ISO 527-4 darf jedoch diese Anleitung nicht als gleichwertiger Ersatz für das Lesen der kompletten Norm betrachtet werden.

Was misst die ISO 527-4?

Ein ISO 527-4-Prüfverfahren wird folgendermaßen durchgeführt: Eine Zugkraft wird an eine Probe angelegt und dann werden verschiedene Eigenschaften der Proben unter Belastung gemessen. Sie wird auf einer Universalprüfmaschine (auch Zugprüfmaschine genannt) bei einer konstanten Traversengeschwindigkeit durchgeführt, die von der Form der Probe und dem gewählten Prüfungstyp abhängt. ISO 527-4 misst die folgenden Zugeigenschaften:

  • Poisson-Verhältnis: Verhältnis zwischen der Querdehnung zu der Axialdehnung zwischen 0,05 % und 0,25 % Dehnung.
  • Elastizitätsmodul: Steigung der Spannungs-Dehnungs-Reaktion der Probe, gewöhnlich zwischen 0,05 % und 0,25 % Dehnung.
  • Zugdehnung bei Zugfestigkeit: die der Zugfestigkeit entsprechende Zugdehnung.
  • Zugfestigkeit: die höchste Belastung, die während einer Prüfung angelegt wird (gewöhnlich die Bruchbelastung).

 ISO 527-4 applications

Ist ISO 527-4 die richtige Norm für Sie?

Eine breite Auswahl unterschiedlicher Prüfungen ist erforderlich, um anisotrope und heterogene Verbundwerkstoffe vollständig charakterisieren zu können. ISO 527-4 ist eines der grundlegendsten Prüfverfahren, das an Verbundwerkstoffen ausgeführt wird, und wird häufig zur Bewertung, Qualifizierung und Zertifizierung von Zugfestigkeitsprogrammen verwendet. ISO 527-4 kann für Verbundwerkstoffe mit kontinuierlichen und diskontinuierlichen Faserverstärkungen verwendet werden, während ISO 527-5 zum Prüfen von unidirektionalen, kontinuierlichen Verbundwerkstoffen ausgelegt ist. Mit Partikeln oder kurzen Fasern verstärkte Kunststoffe können nach ISO 527-2 geprüft werden. Vorkonfigurierte Prüfmethoden für alle diese Normen und viele weitere Normen befinden sich in der Bluehill®-Universal-Prüfsoftware von Instron.

Proben

ISO 527-4 definiert drei Arten von Prüfproben. Proben Typ 1B sind geformte „taillierte“ Proben, geeignet zum Prüfen von kurzfaserverstärkten Materialien mit einer Thermoplastmatrix. Proben Typ 2 sind rechteckig mit konstantem Querschnitt und eignen sich zur Prüfung von kontinuierlichen Fasermaterialien mit Thermoset- und Thermoplastmatrix. Proben Typ 3 sind Typ 2 ähnlich, mit dem Zusatz von Laschen an den Enden; kommen häufig beim Prüfen von Verbundwerkstoffen vor, um eine Beschädigung durch die Spannzeuge zu verhindern.

Probenmessung

Alle Proben müssen vor dem Prüfverfahren nach ISO 16012 oder ISO 23529 gemessen werden. Die meisten normalen Mikrometer sollten für diese Messungen geeignet sein. Damit das Prüfsystem Belastungswerte anstelle von nur Kraftwerten anzeigen kann, werden die Bediener aufgefordert, den Querschnittsbereich (Stärke und Breite) der Probe einzugeben, da die Belastung durch Teilen der angelegten Kraft durch den Querschnittsbereich der Probe berechnet wird (wird in Einheiten von Psi, Pa, kPa, GPa usw. angezeigt). Während Stärke und Breite von starren Proben unterschiedliche Messgenauigkeiten erfordern, wird gewöhnlich das gleiche Messinstrument für beide Werte verwendet. Es können zylindrische oder rechteckige Mikrometerspitzen verwendet werden, solange sie die gemäß ISO 16012 erforderten Abmessungsanforderungen erfüllen.

Mit der Funktion „Automatic Specimen Measuring Device“ (Automatisches Probenmessgerät, ASMD) in Bluehill Universal kann der Bediener bis zu zwei Geräte (Mikrometer oder Messtaster) von Messgeräten an den Computer anschließen. Messdaten werden direkt in die Prüfsoftware hochgeladen; so werden Eingabefehler minimiert und Effizienz erhöht.

 

Bluehill Universal Bildschirmfoto

 

Materialprüfsystem

Das Prüfen nach ISO 527-4 kann mit einem Tisch- oder Bodenmodell einer Universalprüfmaschine durchgeführt werden. Beim Prüfen von Carbonfaser-Verbundwerkstoffen ist gewöhnlich ein 100- oder 250-kN-System erforderlich, obwohl ein 30 kN- oder 50 kN-Tischmodell zum Prüfen von Glasfaserverbundwerkstoffen ausreichend sein kann.

 

Dehnungsmessung

Verschiedene Geräte sind zum Messen von Dehnung beim ISO 527-4-Prüfverfahren verfügbar. Bei Verwendung mit geeigneten Instrumenten bieten geklebte elektrische Widerstands-Dehnungsmessstreifen eine Methode zur Bestimmung der Dehnung unter dem aktiven Bereich (gewöhnlich wenige mm²) des Messgeräts. Dehnungsmessstreifen bestehen gewöhnlich aus einem dünnen Drahtgitter auf einer organischen Auflage und können zum Prüfen eines breiten Temperaturbereichs, von kryogen bis über 200 °C, verwendet werden. Dehnungsmessstreifen erfordern Konditionierung, um ein brauchbares elektrisches Signal generieren zu können, und ein benutzerfreundlicher Adapter ist mit der Standard-Elektronik einer Instron-Prüfmaschine verfügbar.

Dehnungsmessstreifen

 

Eine Auswahl von Extensometern ist ebenso verfügbar, abhängig von den Bedürfnissen Ihres Labors. Die einfachste Ausführung ist ein Aufsteckgerät, das zu Beginn jeder Prüfung direkt auf die Probe gesteckt und vor dem Bruch der Probe entfernt werden muss. Die feste Messlänge des Aufsteck-Extensometers Serie 2630 eignet sich für die Messung über die axiale Dehnung. Ein biaxiales Aufsteck-Extensometer ist für Prüfungen erhältlich, die die Messung von axialer und transverser Dehnung zur Bestimmung des Poisson-Verhältnisses erfordern.

Extensometer

Das AutoX750 ist ein Extensometer, das sich ohne Bedienereingriff an der Probe befestigt. Dies ist nützlich für Labore mit hohem Durchsatz, da der zeitraubende Bedarf nach manueller Handhabung durch den Bediener entfällt und eine beständigere Platzierung einer größeren Anzahl von Proben ermöglicht wird. Konstante Platzierung ergibt besser reproduzierbare Modulwerte.

Verbundwerkstoffe werden häufig in der Luft-/Raumfahrtbranche verwendet und müssen daher extremen Temperaturbedingungen widerstehen können. Zum Simulieren dieser Bedingungen können ISO 527-4-Prüfverfahren in einer Klimakammer durchgeführt werden, in der LN2 oder CO2 zum Wärmen oder Kühlen auf die anwendungsspezifischen Temperaturen verwendet werden. Dehnungsmessstreifen oder Aufsteck-Extensometer können bis zu Höchsttemperaturen von 200 ℃ eingesetzt werden. Ein berührungsloses erweitertes Video-Extensometer (AVE2) kann auch verwendet werden, da es den Vorteil aufweist, außerhalb der Klimakammer angebracht werden zu können. Das AVE2 berührt die Probe nicht und braucht daher nicht vor dem Bruch von der Probe entfernt zu werden. Dadurch entfällt der Bedarf für einen Bediener, der die Tür der Klimakammer während des Prüfverfahrens öffnen und schließen muss.

Extensometer zum Prüfen von Verbundwerkstoffen

Prüfkammer

In Klimakammern werden erzwungene Konvektion und Widerstandsheizelemente zum Erreichen von hohen Temperaturen und Flüssigstickstoff oder Kohlendioxid zum Kühlen auf niedrige Temperaturen verwendet. Die Instron Produktfamilie von Klimakammern der Serie 3119-600 bietet ausführliche Temperaturtest-Fähigkeiten zur Bewertung von Materialeigenschaften für Nicht-Umgebungsprüfungen. Eine komplette Auswahl von zugehörigen Spannzeugen, Zugstangen und Extensometern ist verfügbar.

 

Instron Kühlkammer

 

Testkontrolle

ISO 527-4-Prüfverfahren werden bei konstanter Traversengeschwindigkeit durchgeführt. Die vorgeschriebene Prüfgeschwindigkeit ist abhängig von der Probenart und der Art der durchgeführten Prüfung. Prüfverfahren für Routine-Qualitätskontrolle können zum Beispiel mit höheren Geschwindigkeiten durchgeführt werden (5 mm/min und 10 mm/min) als die Prüfverfahren, die zu Qualifikationszwecken durchgeführt werden (2 mm/min).

Berechnungen und Ergebnisse

Bei der Vorlage der Prüfergebnisse ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Messbedingungen ordnungsgemäß definiert werden, damit Konformität mit ISO 527-4 sichergestellt und der Vergleich von unterschiedlichen Laboren erleichtert wird.

Zugbelastung/Zugfestigkeit

Zugbelastung wird gemessen, indem die Kraft an einem vorgegebenen Punkt durch die mittlere Probenfläche geteilt wird. Die Zugfestigkeit einer Probe ist die maximale Zuglast beim Dehnen einer Probe vor dem Versagen.

Zugdehnung/Bruchdehnung

Zugdehnung ist die nominelle, vom Dehnungsmessgerät (Dehnungsmessstreifen oder Extensometer) gemessene Dehnung. Die Bruchdehnung ist die Dehnung, die der Zugfestigkeit entspricht.

Modul

Modul wird definiert als Steigung der Spannungs-Dehnungs-Reaktion der Probe, gewöhnlich zwischen 0,05 % und 0,25 % der Dehnung, wenn nicht andere Werte in den technischen Daten vorgegeben werden. Da die Berechnung des Moduls bei 0,05 % Dehnung beginnt, ist es von höchster Bedeutung, dass die entsprechenden Vorspannungen an das Material angelegt werden, um Durchhängen oder Druckkräfte aufgrund das Einspannens der Probe zu eliminieren. 0,05 % Dehnung oder 1 % der Zugfestigkeit des Materials dürfen nicht überschritten werden.

Poisson-Verhältnis

Das Poisson-Verhältnis wird bestimmt mit dem Verhältnis der Quer- zur Längsdehnung über den gleichen Axial-Dehnungsbereich, der zur Bestimmung des Moduls verwendet wird (0,05 % bis 0,25 %).

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