Die meisten technischen Strukturen unterliegen komplexen, mehraxialen Spannungen, die aus der Beanspruchung, der Geometrie und/oder einer Inhomogenität des Materials resultieren. Bei Versuchen im Labor werden jedoch im Wesentlichen bestimmte Belastungsmodi eingesetzt, z.B. Kriech-, quasi-statische oder Ermüdungsprüfungen – dabei werden einfache Proben einaxialen Spannungszuständen ausgesetzt. Angesichts dieser Diskrepanz zwischen solchen einaxialen Prüfdaten und den funktionellen Betriebsbedingungen von Bauteilen mit mehraxialen Spannungen werden weiter gehende Untersuchungen durchgeführt, um die Beziehung zwischen beiden besser zu verstehen.
Eine Probe, die sich unmittelbar für biaxiale Prüfungen anbietet, ist die Kreuzprobe (eine kreuzförmige Platte), die durch vier rechtwinklig angeordnete Zylinder in einer Ebene beansprucht wird. Wir haben Prüfsysteme entwickelt, mit denen die Bewegung des Probenmittelpunkts gesteuert und ungewollte Bewegungen und Biegung der Probe vermieden werden können. Bei einem konventionellen servohydraulischen Prüfsystem wird ein Ende der Probe fest eingespannt, während in das andere Ende durch die Zylinder eine Zug- oder Druckbeanspruchung eingeleitet wird. Für die meisten Prüfungen ist dies zwar völlig ausreichend, andererseits bedeutet diese Art der Prüfung, dass sich der Probenmittelpunkt während der Prüfung bewegt. Bei manchen Prüfungen darf sich aber der Probenmittelpunkt nicht bewegen - z.B. wenn der Probenmittelpunkt während der Prüfung durch ein Mikroskop beobachtet werden soll. Für diese Art der Prüfung wird das System mit einem zweiten Zylinder ausgestattet, so dass zu einer Verformung führende Beanspruchungen an beiden Enden der Probe eingeleitet werden können. Es müssen also zwei Zylinder und zwei Variable geregelt werden: Die Lage des Probenmittelpunkts und die Gesamtverformung, die auf beiden Seiten der Probe eingeleitet wird. Das regelungstechnische Problem ergibt sich daraus, dass es keine natürliche Paarung von Zylinder und Regelgröße gibt - die Bewegung jedes einzelnen Zylinders beeinflusst die Mittelpunktslage und die Verformung der Probe.
Wenn die Verformung an beiden Enden der Probe gleich ist, wird sich der Mittelpunkt nicht verschieben; wenn sich beide Zylinder in die gleiche Richtung bewegen, führt dies zu einer Verlagerung des Mittelpunkts ohne Änderung der Verformung. Die Regelkreise arbeiten unabhängig voneinander und es gibt keine Wechselwirkung zwischen den phasengleichen und den phasenversetzten Ansteuerungssignalen der Zylinder. Dieses hier für zwei gegenüberliegende Zylinder beschriebene Prinzip gilt auch für einen kreuzförmigen Prüfaufbau mit vier Zylindern. Prüfungen können auch in Dehnungs- oder Kraftregelung durchgeführt werden. Ein vor kurzem in Betrieb genommenes bixiales Prüfsystem ist für komplexe TMF-Prüfungen ausgelegt. Dabei müssen die gemessenen Gesamtdehnungen in Echtzeit im Hinblick auf die Wärmeausdehnung und die elastische Dehnung korrigiert werden.
Unsere planaren biaxialen Prüfsysteme mit Nennkräften von 100 kN oder 250 kN bieten einen präzise ausgerichteten und steifen Prüfrahmen in Verbindung mit hydrostatisch gelagerten, dichtungsfreien Zylindern, die eine hoch genaue Regelung der Prüfung ermöglichen. Dieses Belastungssystem ist optimal an die digitale Steuer- und Regelektronik Serie 8800 angepasst. Unsere neue dynamische Prüfsoftware WaveMatrix™ bietet eine bedienungsfreundliche, intuitive Benutzerschnittstelle für komplexe, mehraxiale Prüfungen.